Bluthochdruck (Hypertonie) ist in Österreich eine Volkskrankheit, die 25 Prozent der Erwachsenen und 50 Prozent der über 60-jährigen betrifft. Bluthochdruck ist meist nicht direkt wahrnehmbar und kann daher über Jahre unbemerkt bleiben, weshalb er auch als die „schleichende Gefahr“ bezeichnet wird.
Grundsätzlich liegt der durchschnittliche Blutdruck eines gesunden erwachsenen Menschen bei 120/80mm Hg, wobei die erste Zahl - der systolische Wert - dem Druck in der Anspannungsphase der linken Herzkammer (Systole) entspricht. Die zweite Zahl - der diastolische Wert - steht für den Druck in der Entspannungsphase (Diastole). Von Bluthochdruck spricht man bei einer dauerhaften Erhöhung des Blutdrucks auf Werten von mehr als 140/90mm Hg.
Über neunzig Prozent der von Bluthochdruck Betroffenen zeigen eine sogenannte primäre (essentielle) Hypertonie, die als Folge eines ungesunden Lebensstils (vor allem Bewegungsmangel, ungesunde
Ernährung, Übergewicht und Stress) in Kombination mit einer genetischen Veranlagung entsteht. Bei den übrigen Betroffenen tritt der Bluthochdruck als Folge einer anderen Grunderkrankung, wie zum
Beispiel einer Nierenerkrankung oder hormonellen Störung auf.
Durch hohen Blutdruck kommt es zu kleinen Verletzungen und Entzündungen an den Gefäßwänden. In der Folge lagern sich dort vermehrt Kalk, Bindegewebe und Fette ab. Die Gefäße werden enger und weniger elastisch (=Arteriosklerose). In Folge werden die dahinter liegenden Organe schlechter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem vollständigen Gefäßverschluss, was im Gehirn als Schlaganfall, im Bereich der Herzens als Herzinfarkt bezeichnet wird. Etwa zwei Drittel aller Schlaganfälle und die Hälfte aller Herzinfarkte lassen sich auf Bluthochdruck zurückführen! Diese beiden Erkrankungen sind mit Abstand die häufigste Todesursache in Österreich.
Weitere schwere gesundheitliche Auswirkungen können Bluthochdruck und Arteriosklerose auch durch Beeinträchtigung der Gefäße in der Niere, der Netzhaut und der Arterien in Beinen, Hals und Kopf
haben.
Yoga kann Herz und Kreislauf auf vielfältige Weise unterstützen. Studien zeigen beispielsweise, dass das Herz-Programm von Dean Ornish (siehe Literaturangabe), die Mantrameditation nach der
Transzendentalen Meditation, MBSR ebenso wie reines Pranayama (15 Minuten pro Tag) den Blutdruck signifikant senken können.
Bevor eine Yogapraxis begonnen wird, sollte aber dennoch Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden. Bei Werten ab 160/90mm Hg muss unbedingt zuerst der Wert stabilisiert werden.
Wenn du dir eine Yogapraxis zur Unterstützung bei Bluthochdruck zusammenstellen möchtest, findest du im folgenden Asanas und Übungen, die sich besonders dafür eignen. Primär ist es jedoch nicht
eine bestimmte Asana, die heilsam ist, sonder die achtsame Ausführung der gesamten Abfolge.
Vorbeugen und Umkehrhaltungen wie der halbe Schulterstand oder die Schulterbrücke wirken beruhigend, sind also besonders hilfreich bei Bluthochdruck.
Wichtig bei dieser Asanagruppe ist, sie langsam aufzubauen. Der Schulterstand kann zum Beispiel begonnen werden, indem einfach nur die Beine an der Wand hochgelagert werden. Wenn der Körper sich an diese Praxis gewöhnt hat, kann das Gesäß mit einem Kissen unterstützt werden und in weiterer Folge kann man mit den Füßen langsam die Wand hochwandern bis zum halben Schulterstand.
Um die stehende Vorwärtsbeuge mit Bluthochdruck zu praktizieren, gehen wir zu Beginn nur so weit in die Stellung hinein, dass wir die Hände auf die Knie legen können. Im zweiten
Schritt wandern wir mit den Händen bis zu den Unterschenkeln und erst im dritten Schritt bis zum Boden.
Als Vorbeuge ist „Yoga Mudra“ (siehe Abbildung) besonders wertvoll: Wir beginnen im gekreuzten Sitz, das Gesäß kann mit einem Kissen unterstützt werden. Die Hände werden hinter
dem Körper zusammengeführt, wobei die linke Hand das rechte Handgelenk umfasst. Mit der Einatmung heben wir die Arme etwas an, um den Brustbereich zu öffnen, mit der Ausatmung gehen wir in eine
sanfte Vorwärtsbeuge und halten die Stellung für einige Atemzüge. Um sie zu verlassen, kommen wir mit einer Einatmung hoch und bringen ausatmend die Hände in Gebetshaltung vor der Brust zusammen,
um einen Augenblick nachzuspüren.
Bluthochdruck ist oft mit Verspannungen im Schulter/Nackenbereich verbunden, eine Übungsfolge für Bluthochdruck sollte daher auch Gewicht auf Entspannung in diesem Bereich legen. Besonders hilfreich sind hier das Schultern kreisen, das Kuhgesicht oder der Adler.
Um Herz und Lunge zu unterstützen und dadurch die Sauerstoffverorgung zu verbessern, ist es hilfreich, die Beweglichkeit des Brustkorbes zu unterstützen. Geeignet sind Übungen, die Seitbeugen, Rückbeugen und Drehungen der Brustwirbelsäule beinhalten, also zum Beispiel die stehende Seitbeuge, der Fisch und das Nadelöhr:
Langes Ausatmen wirkt beruhigend und macht laut Dr. Günter Niessen, „Herz, Kreislauf und Lunge gesund“. Besonders hilfreich sind in diesem Zusammenhang der Entspannungsatem (hier wird die Ausatmung gegenüber der Einatmung verlängert), Ujjayi und Brahmari (der Bienenatem). Doch auch während der Asanapraxis können wir den Fokus auf eine langsame und verlängerte Ausatmung legen.
Wer Freude an Mantras und Mudras hat, kann nach der Endentspannung dreimal innerlich und aus ganzem Herzen eine Affirmation wiederholen, zum Beispiel: “Meine Gefäße sind weit und durchlässig“, oder - wie der Yogatherapeut Remo Rittiner empfiehlt: „Möge ich mit Leichtigkeit durchs Leben gehen“.
Als Mudra (Handhaltung), das besonders die Vitalität des Herzens unterstützt, empfiehlt Swami Satyananada das Hridaya Mudra: der Zeigefinger wird an das Daumengrundgelenk gelegt, während wir die Kuppe von Mittelfinger, Ringfinger und Daumen zusammenbringen und den kleinen Finger ausstrecken.
Die hilfreichste Asanas bei Bluthochdruck ist Shavasana – die Rückenlage. Sie entspricht dem Grundsatz des Yoga bei Bluthochdruck: „Weniger ist mehr“.
Der wichtigste Einfluss, den wir mit Yoga auf Bluthochdruck nehmen können, ist der Ansatz am Stress - dem Hauptrisikofaktor von Hypertonie. Hier helfen uns zum einen die unterschiedlichen Entspannungstechniken, wie zum Beispiel der Body-Scan oder der Entspannungsatem.
Die effizienteste Technik, um Stress zu reduzieren, ist aber natürlich die Meditation, denn sie setzt an seiner Ursache an - der Isolation von sich selbst, von anderen und von einer höheren Sinnquelle.
Remo Rittiner: Yoga bei Bluthochdruck, DVD, Via Nova, 2017
Timothy McCall: Yoga as Medicine, Bantam Books, 2007
Dean Ornish: Revolution in der Herztherapie. Lüchow Verlag, 2006.
Jon Kabat Zinn: Gesund durch Meditation: Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR. Knaur, 2013.
Ausbildungsleiterin für Gesundheitsyoga, Senioren-Yoga und Meditationslehrer-Ausbildung an der Yoga-Akademie Austria
Seminarleiter-Ausbildung für "Yoga fürs Leben"
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