Aus der Psychosomatik sind viele passende Aussprüche für das Knie bekannt: „Mir schlottern die Knie“, „weiche Knie haben“ oder resignierend „in die Knie gehen“. Das Kniegelenk lässt uns stolz aufrichten, aber auch demütig beugen. Es ist ein Gradmesser unserer Bescheidenheit, aber auch unserer Standhaftigkeit.
Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im Körper. Es ist ein Rad-Scharniergelenk, das neben Beugerollgleit- und Streckrollgleitbewegungen auch Drehbewegungen zulässt, diese aber nur im gebeugten Zustand. Stabilisiert wird das Knie einerseits von der umgebenden Muskulatur und andererseits von den Kreuz- und Seitenbändern. Viel Stabilität erhält das Knie im gestreckten Zustand, in der gebeugten Position ist es jedoch tendenziell instabil. In der Spiraldynamik sagt man: Das Knie ist straff in der Streckung und locker in der Beugung. Doch nun möchte ich auf häufige Unachtsamkeiten bzw. Fehlstellungen näher eingehen:
Vor allem bei vielen Yogadamen – mich eingeschlossen 😊 – besteht die Tendenz des überstreckten Knies. Dabei kann es sich um hypermobile Gelenke, muskuläre Schwäche oder einfach um eine schlechte Haltungsgewohnheit handeln. Die häufigen Ansagen „Kniescheibe hochziehen“ oder „leicht beugen“ finde ich nicht optimal. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ich diese Ansagen schlecht in ein wieder abrufbares Körpergefühl übersetzen konnte. Mein Körper wusste einfach nicht, wie er diese Ansage muskulär umsetzen konnte. Hier ist es besser, den Muskeln mit den (eigenen) Händen zu zeigen, was sie tun müssen. Gib einen leichten, sanften Impuls hinten und „packe“ freundlich das Knie vorne, so spüren die Muskeln (Musculus quadrizeps und Musculus tibialis), was sie zu tun haben, um das Knie zu stabilisieren.
Stellt man sich ein Lot vor, so verläuft es bei einer normalen Kniestellung durch die Mitte des Oberschenkelkopfes, die Mitte des Kniegelenks und durch die Mitte des Fersenbeins. Weicht das Kniegelenk von dieser Linie nach innen ab, spricht man von einem X-Bein, weicht es nach außen ab, von einem O-Bein. In meinem Letzten Artikel „Yoga für gesunde Hüften“ in der YogaVision Nr 24 bist du den beiden Fehlstellungen bereits begegnet, denn auch die angeborene anatomische Stellung der Hüfte kann diese Fehlstellungen begünstigen. Wir wollen uns hier aber auf die Auswirkungen auf das Knie beschränken.
Bei einer Person mit X-Beinen berühren sich im Stehen tendenziell die beiden Innenseiten der Knie, während die Innenknöchel keinen Kontakt haben. Hier sind häufig die Innenbänder, der äußere
Meniskus sowie die äußeren Gelenksflächen von Ober- und Unterschenkel überlastet.
Eine Person mit O-Beinen kann beim Schließen der Beine die Innenseite der Knie nicht aneinander bringen. Hier sind eher das Außenband, der innere Mensikus und die inneren Gelenksflächen
überlastet.
Im Yoga für gesunde Knie achtet man besonders auf etwaige Fehlstellungen oder ungesunde Haltungsmuster und versucht, diese bewusst zu machen und auszugleichen. Man übt die Stabilität im Knie in verschiedenen – oft herausfordernden - Positionen und achtet dabei auf entspannte, flexible Hüftbeuger. Denn eine steife Hüfte kann eine Mehr- und oft Fehlbelastung im Knie initiieren.
①
Lege dich auf den Rücken, ein Bein knapp vor dem Gesäß aufgestellt, das andere Bein senkrecht gestreckt. Die Arme gibst du nach hinten.
Ausatmen: zieh das Knie des gestreckten Beines mit den Händen zu dir heran
Einatmen: komme wieder in die Ausgangsposition, indem du das Bein lang ziehst: Ferse zieht nach oben und das Becken nach unten.
Nach 8 Wiederholungen umfasst du den Oberschenkel deines gestreckten Beines und drückst es einatmend sanft gegen deine Handflächen und lässt ausatmend wieder sanft los. Wiederhole diese „Kraft in
der Dehnung“ Übung einige Male
②
Gib deine Fußsohlen zusammen und lass deine Knie nach außen sinken
Einatmen: drücke deine Fußsohlen aneinander und gib deine Arme dabei hinter den Kopf
Ausatmen: gib deine Arme neben den Körper und hebe deine Knie ca. 5 cm nach innen, lass die Knie beim Einatmen in dieser Position, wenn du die Fußsohlen wieder zusammendrückst. Mach weiter so,
bis sich die Knie allmählich schließen. Sollten deine Oberschenkel anfangen zu zittern, dann freue dich, weil dein Muskel nun zu arbeiten beginnt 😊
2 Wiederholungen
③ für diese Übung brauchst du einen Yogablock. Solltest du (noch) keinen haben, kannst du auch eine Reispackung, ein Buch oder dgl. nehmen. Stell dich aufrecht hin mit den Füßen hüftbreit
auseinander. Hebe das gebeugte Knie des rechten Beines etwas über die Horizontale. Den Block nimm in die linke Hand.
Einatmen: drücke den Block gegen das gebeugte Knie, das Knie hält dagegen, den rechten Arm führst du senkrecht hoch.
Ausatmen: lass den Druck gegen den Block los und strecke dein Knie, den rechten Arm führst du dabei zu deinem rechten Knie.
8 Wiederholungen auf beiden Seiten
Autorin
Doris Maria Frömel ist Gesundheits-Yogalehrerin und Spiraldynamik® Fachkraft Level Basic. Sie bietet anatomisch versiertes Gesundheitsyoga mit Nadi-Muskeltherapie (frei
nach Remo Rittiner) sowie Familienaufstellungen (frei nach Bert Hellinger) in der Einzelsitzung an. Seit Frühjahr 2019 leitet sie Yoga fürs Leben-Seminare in Kooperation mit der Yoga-Akademie Austria
in Oberösterreich.
www.kogese.at
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