Die Theorie der Meditation

In diesem Artikel sehen wir uns an, wie die tägliche Praxis der Meditation aussehen kann: Wie ist der Ablauf der Meditation? Was geschieht während der Übung? Wie gehen wir mit dem Geist um? Welche Zeitfaktoren gilt es zu beachten? Beginnen wir mit dem Ablauf der Meditation.

 

Der Ablauf der Meditation

Um ihre volle Wirkung zu entfalten, sollte jede Meditationssitzung bestimmte Elemente enthalten. Die folgenden Schritte können dir helfen, deine Meditation optimal aufzubauen:

1. Schritt: Die  Vorbereitung
Du hast dir für eine bestimmte Zeit freigenommen, alle möglichen Störungen ausgeschaltet und ziehst dich an einen Ort zurück, der für dich Geborgenheit, Reinheit und Spiritualität bedeutet. Du hast in den letzten zwei oder drei Stunden keine größere Mahlzeit zu dir genommen und du bist auch nicht hungrig.


2. Schritt: Eröffnung
Entsprechend deinem Zugang zu Gott (oder deinem höheren Selbst bzw. dem kosmischen Bewusstsein) stimmst du dich jetzt auf die Meditation ein: Durch ein Gebet, ein Mantra oder ein kleines Ritual. Du kannst beispielsweise eine Kerze und Räucherstäbchen entzünden und dich vor deinem Altar verneigen.

3. Schritt: Pranayama
Wenn ausreichend Zeit vorhanden ist, kannst du zur Energetisierung ein oder zwei Runden Kapalabhati und eventuell auch einige Runden Wechselatmung durchführen.

4. Schritt: Die Sitzstellung einnehmen
Die eigentliche Meditationssitzung beginnt. Nimm die für dich bequemste und angenehmste meditative Sitzstellung ein; unterstütze dabei wenn nötig die Knie durch Unterlegen von Decken. Du kannst, wenn dir leicht kühl wird, eine dünne Decke um die Schultern legen. Das wärmt nicht nur, sondern kann dir auch helfen, deine Energien zu zentrieren. Pendle dich ein, um deine Mitte zu finden. Schließe die Augen.
Richte Becken und Oberkörper auf, jedoch ohne unnötige Spannung entstehen zu lassen. Der Kopf ist aufrecht und der Nacken lang und gleichzeitig entspannt. Lasse das Gefühl entstehen, dass der Scheitelpunkt deines Kopfes mit einem seidenen Faden sanft nach oben gezogen wird.
Lege die Hände in einer für dich angenehmen, vollkommen entspannten Position ab.

5. Schritt: Der Vorsatz und die Einstellung
Nimm dir nun vor, für den beabsichtigten Zeitraum ruhig und entspannt die gewählte Meditationstechnik durchzuführen. Sei erwartungslos bezüglich des Verlaufes und des „Gelingens“ der Meditation.

6. Schritt: Die Stille des Körpers
Lasse zunächst – die ersten zwei, drei Minuten - den Körper in die Stille finden. Lasse ihn sehr ruhig, ganz unbewegt werden. Fühle gleichzeitig seine Entspanntheit; fühle, wie alle Muskeln entspannen. „Lasse deinen Körper zurück, vergiss deinen Körper“ sagen die großen Yogis.

7. Schritt: Die Stille des Atems
Erlaube es deiner Atmung, immer ruhiger und sanfter zu werden. Zwinge sie nicht, lasse sie allmählich von selbst zur Ruhe finden. Stelle dir vor, der Atem ist ein lieber Gast, der sich in deinem Körper-Haus ganz frei bewegen darf.

8. Schritt: Die Meditation
Nach diesen vorbereitenden und hinführenden Phasen beginnt der Hauptteil der Meditation.
Führe deine gewählte Meditationstechnik durch, entspannt und ruhig. Wenn dazwischen Gedanken auftauchen, mache dir nur bewusst, dass da Gedanken sind, lasse sie weiterziehen, und kehre wieder zur Übung zurück.

9. Schritt: Das Zurückkommen
Wenn du fühlst, dass der für die Übung vorgesehene Zeitraum vorüber ist, kehre langsam wieder zum Tagesbewusstsein zurück, indem du deinen Geist vom Meditationsgegenstand löst und wieder auf die Umgebung richtest. Du fühlst den Raum, in dem du dich befindest, hörst die Geräusche um dich ...
Ein paar tiefere Atemzüge signalisieren dem Körper und Geist, dass die Meditation nun beendet ist. Wenn du möchtest, kannst du drei Mal das Om oder ein anderes Mantra rezitieren und die Hände zu Anjali Mudra vor dem Körper falten. Beginne, den Körper sanft wieder zu bewegen und öffne schließlich die Augen.

Frequenz und Dauer der Meditation

Wenden wir uns nun den Zeitaspekten der Meditationspraxis zu: Wie oft sollte man meditieren und wie lange soll die Übung dauern?


Zunächst ein Punkt, der immer wieder zur Sprache kommt: Viele Menschen sagen, dass sie keine Zeit für die Meditation haben. Es ist, wie bei allen Dingen, eine Frage der Priorität. Frage dich: Wie wichtig ist mir ein Weg, eine Methode, die mir helfen kann, meinen Geist, mein ganzes Leben besser in den Griff zu bekommen, in Harmonie zu leben, Freude und Gesundheit zu erfahren? Und welche Dinge stufe ich in ihrer Bedeutung höher ein, sodass sie mich von der Übung abzuhalten vermögen?
Tatsächlich ist Meditation ein Zeitgewinn, denn durch verbesserte Konzentration und Leistungsfähigkeit sowie durch einen allmählich reduzierten Schlafbedarf und dem Loslassen unwesentlicher Dinge gewinnt man am Ende mehr Zeit als für die Meditation aufgewendet wurde!

Wie oft üben?
Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, täglich zu üben, am besten immer zur gleichen Zeit. Da eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Meditationserfolg die Regelmäßigkeit der Übung ist, wird es sinnvoll sein, eine tägliche Übungszeit in den Tagesablauf einzuplanen. Es soll eine Regelmäßigkeit entstehen, die im Idealfall die Meditation täglich zur gleichen Zeit ermöglicht.
Es ist besser, jeden Tag ein wenig zu üben, als an einem Tag sehr viel und danach einige Tage gar nicht. Fortgeschrittene werden vielleicht auch zwei Mal täglich, also morgens und abends, meditieren.
Für Anfänger ist es wichtig, sich nicht zu viel vorzunehmen, sondern eher klein zu beginnen und dann allmählich die Dauer und die Frequenz des Übens zu steigern. Beginne also mit einem Übungspensum, das du auf jeden Fall für einige Zeit sicher durchhalten kannst!

Die beste Übungszeit
Für viele Menschen ist der Morgen am günstigsten - diese Zeit wird auch allgemein als die günstigste Zeit für spirituelle Praxis angesehen, und auch die Meditation wird am besten gelingen, da der Geist noch nicht von den Tätigkeiten des Tagesgeschehens in Bewegung versetzt worden ist. 
In der Yoga-Tradition wird die Bedeutung der frühen Morgenstunde – man nennt sie Brahmamuhurta, die göttliche oder heilige Stunde – für die spirituelle Übung sehr hoch bewertet: Die Luft ist klar und rein, der Geist noch still; und so wie sich in der Morgendämmerung der Tag und die Nacht begegnen, so herrscht im Menschen zu dieser Zeit eine ausgeglichene, der Meditation sehr zuträgliche Stimmung vor. „Es wäre ein großer Verlust, diese Zeit nicht für Meditation und spirituelle Übung zu nutzen.“ sagt Swami Sivananda. In allen spirituellen Traditionen, im Yoga, im Buddhismus, in christlichen Klöstern, steht man morgens früh auf und nutzt die Zeit von fünf bis sieben Uhr für Meditation und Gebet.
Wenn es dir morgens nicht möglich ist, so kannst du auf eine andere Tageszeit ausweichen. Auch der Abend, am besten vor dem Abendessen (das man möglichst nicht zu spät einnehmen sollte), kann als Übungszeit eingeplant werden.


Dauer der Meditation
Anfänger werden meist Probleme sowohl mit der Sitzstellung als auch mit dem Konzentrieren des Geistes haben – hier wird die Meditation wahrscheinlich nur zehn bis fünfzehn Minuten dauern; Fortgeschrittene können die Dauer dann allmählich auf zwanzig bis dreißig Minuten oder auch länger ausdehnen.
Je länger man meditiert, umso tiefere Zustände kann man einerseits erreichen, andererseits umso länger und damit stärker wirkt das Verweilen im Zustand der Stille und Klarheit auf den Geist ein: Der meditative Zustand wird vertrauter und wird damit immer leichter zu erreichen sein. Deshalb sollte man danach streben, die Dauer der Meditation nach und nach zu verlängern.
Wird die Sitzstellung nach einiger Zeit unangenehm oder gar schmerzhaft, so kannst du, ohne die Übung auf der geistigen Ebene zu unterbrechen, die Beine langsam öffnen und ausstrecken und sie nach ein, zwei Minuten wieder verschränken. Auch ein Übergang zum meditativen Gehen, nach dem die Übung fort-gesetzt wird, ist eine besonders in der buddhistischen Meditation gern angewendete Methode, um den Beinen Bewegung und Lockerung zu verschaffen, ohne die Meditation zu unterbrechen. Dieser Ablauf Meditation – Gehen – Meditation benötigt allerdings einen etwas weiteren Zeitrahmen, insgesamt wohl zwischen vierzig Minuten und einer Stunde. Dafür kann sich bei einer solchen Praxis, wenn sie täglich oder sogar zwei Mal täglich durchgeführt wird, deutlich schnellerer Fortschritt ergeben als bei weniger intensivem Üben.

 

Auszug aus dem "Handbuch Meditation" von Arjuna P. Nathschläger

 


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