Ein Jungbrunnen für Körper, Geist und Seele
Oft verlieren wir uns in unseren alltäglichen Handlungen. Der Terminkalender ist voll und nach dem Beruf sind wir mit diversen Freizeitaktivitäten voll und ganz ausgefüllt. Wir sind ständig im "außen" beschäftigt und dann geschieht es leicht, dass wir nicht mehr in gutem Kontakt mit unseren Bedürfnissen sind. Was brauche ich - und nicht was braucht der Chef oder das Kind von mir? Dieses Übermaß an "Außenorientiertheit" geht meistens zu Lasten von der nötigen Regeneration und Entspannung. Wir wissen, es braucht beides, die Sonne und den Regen. So braucht auch der Mensch das passende Maß von Aktivität und dem zur Ruhe kommen, der Entspannung und dem ganz bei sich selbst ankommen.
Umkehr bedeutete im Yoga, inne zu halten, sich vom Außen bewusst zurückzuziehen, Einkehr und wieder zu sich zu kommen. Das ist auch der Grund, warum Umkehrhaltungen sehr gerne gegen Ende einer Asana-Übungseinheit praktiziert werden, sie dienen dann quasi schon als sanfte Überleitung zu Savasana, der Endentspannung.
Eine Umkehrstellung einzunehmen bedeutet auch, Dinge mal aus einer anderen Perspektive aus zu betrachten. Unsere Glaubenssätze und Ansichten einfach mal auf den Kopf zu stellen und aus einem neuen Blickwinkel zu sehen. Schon alleine dieser Umstand erhält und frisch und jung. Die Umkehrhaltungen im Yoga sind weit bekannt als verjüngende Stellungen. In Hatha-Yoga Schriften heißt es, dass der Unsterblichkeitsnektar "Amrita", welcher aus dem Stirnraum nach unten tropft und im Verdauungsfeuer "Agni" verbrennt (deswegen altern wir), durch die Umkehrhaltung bewahrt wird. Vielleicht lässt es sich durch beständiges Praktizieren nicht verhindern, dass wir Falten und graue Haare bekommen, aber was wir damit bestimmt erreichen können, ist unser Blick darauf, unseren Umgang mit dem Umstand des Alterns!
Als eine Umkehrhaltung wird bezeichnet, wenn der Naben sich höher als der Kopf befindet. Die Liste der positiven Wirkungen ist eine lange, gleichzeitig muss man aber auch dazusagen, dass für Menschen mit Beschwerden in der Halswirbelsäule oder bei starken Bluthochdruck die meisten Umkehrstellungen nicht geeignet sind. Eine Ausnahme hier kann der halbe Schulterstand bilden. Gerade eine sanfte Form des halben Schulterstands macht es z.B. auch für Menschen mit Problemen in der Halswirbelsäule möglich, eine Umkehrhaltung einzunehmen (sofern natürlich sich die Person darin wohl fühlt).
Die meisten Umkehrhaltungen erfordern einiges an Kraft, Flexibilität und Körperschulung. Viparita Karani Mudra, das Siegel der Umkehr, bildet hier eine große Ausnahme. Es zeichnet diese Asana aus, dass wir einerseits die positiven Wirkungen einer Umkehrstellung genießen und andererseits diese Stellung auch sehr lange und entspannt halten können (vor allem in den Varianten mit Hilfsmitteln). Sie ist auch ein fixer Bestandteil in allen regenerativen Yogastilen (wie z.B. Restore Yoga oder Yin-Yoga).
Hier liegt auch die große Kraft von Viparita Karani Mudra - wir können unsere Beine hochlagern, die Welt um uns mal für einige Minuten vergessen und ganz bei uns selbst ankommen. Die Atmung vertieft sich aufgrund der Schwerkraft, was wiederum das parasympathische Nervensystem anregt, welches dafür zuständig ist, dass wir entspannen. Körper, Geist und Seele können besser regenerieren - ein wahrer Jungbrunnen, wie schon die alten Yogis zu berichten wussten!
1. Nimm eine bequeme Rückenlage ein. Achte darauf, dass sich dein Rücken, deine Wirbelsäule lange und gerade anfühlen. Ziehe nun bei der Ausatmung deine Knie zum Brustkorb heran, der untere Rücken bleibt dabei am Boden, spüre die sanfte Länge in der LWS. Lege die Arme dicht neben dem Körper ab, die Handinnenflächen schauen zum Boden. Mit der Einatmung strecke die Beine nach hinten oben aus, drücke die Hände und Arme etwas in die Matte und hebe das Becken hoch.
2. Bringe nun die Hände unter das Becken - lege dein Becken in deine Hände wie in einer Schale ab.
Ziehe Ellenbogen und Schulterblätter zusammen. Das Kinn ist etwas Richtung Brustbein gerichtet (das bringt Länge in die Halswirbelsäule). Einatmend strecke den gesamten Rücken.
Wenn du möchtest kannst du deine Hände auch am Beckenkamm platzieren, die Daumen hacken sich in den Darmbeinknochen ein, der Rest der Finger und die Hände stützen das Kreuzbein. Die
Fußinnenseiten können einander berühren, dadurch unterstützen sich die Beine gegenseitig. Atme tief und gleichmäßig in dieser Stellung, lass den Geist zu Ruhe kommen und bleibe solange in dieser
Stellung wie es dir guttut.
3. Verlassen der Stellung. Lasse ausatmend zuerst die Knie zur Stirn sinken und rolle dann Wirbel für Wirbel wieder ab, stütze dabei deinen unteren Rücken, damit dein Becken wieder sanft auf der Matte ankommen kann. Wenn es dir leicht fällt, dein Becken zur Matte zu bringen, kannst du auch, nachdem du die Knie zur Stirn gesenkt hast, die Arme neben dem Körper ablegen (durch etwas Druck der Arme gegen den Boden erfolgt das Abrollen kontrollierter). Falls dir das Abrollen dennoch zu schaffen macht, gibt es auch die Möglichkeit, dass du den Kopf leicht abhebst und einrollst, damit das Becken nicht auf die Matte "plumpst"!
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